Wir haben mit Peter aus Leipzig gesprochen. Er ist aktivistischer Teil und wissenschaftlicher Begleiter der Mietergemeinschaft Schönefelder Höfe. Er spricht nicht als Mieter, sondern als Aktivist, der die Initiative mit aufbaut. Welche Probleme die Mieter*innen mit der Vermieterin Vonovia haben und wie die Selbstorganisation auch gegen Widerstand gewachsen ist, lest ihr im ersten Teil unseres Interviews. In diesem zweiten Teil des Gesprächs gehen wir nun noch näher auf Herausforderungen ein, die sich in der Organisierung ergeben habe.
Es gibt noch zwei Sachen, auf die ich gerne vertiefend eingehen würde. Es geht einmal um die Begehungen, die die Vonovia mit einzelnen Leuten organisiert hat, die mich daran erinnert hat, dass bei einem anderen Zusammenschluss einzelnen Leuten von der Belvona Wohnungen angeboten wurden, was dann die Initiative etwas gesprengt hat. Was sind eure Erfahrungen mit dieser Strategie?
Peter: Es gibt eine Mieterin, die vom Mitteldeutschen Rundfunk und im Fernsehen interviewt wurde, und zwei Tage später kam der Brief von der Vonovia, dass die alles zurückziehen. Die Mieterin ist immer noch stabiler Teil dieser Mietergemeinschaft und die ist ganz wichtig für die Gruppe. Also die hat dann nicht gesagt „ich bin aus dem Schneider und mach da nicht mehr mit“. Aber diese Versuche gibt es natürlich immer noch, einzelne zu befrieden, gerade, wenn sie sichtbar sind. Aber man muss fairerweise auch sagen, dass es natürlich auch Mieter*innen gibt, die sagen: „Ich bin hier in der Initiative, weil meine Betriebskosten so hoch sind, weil meine Miete zu hoch ist, weil ich das und das konkrete Problem habe. Und wenn das gelöst wird, sehe ich gar keinen Grund mehr, hier mitzumachen.“ Das ist ja auch nicht verwunderlich, warum sollten Leute anders sein? Das ist erstmal auch nicht schlimm, sondern das ist der Ansatzpunkt zu sagen: Es gibt ein größeres Problem, also sozusagen aus der privaten Schwierigkeit ein öffentliches, politisches Problem zu machen. Das ist ja die Grundaufgabe von solchen Initiativen.
Außerdem interessiert mich die vermeintliche Interessenvertretung durch dieses Bündnis für bezahlbaren Wohnraum, in dem die Stadtpolitik und die Vermieterseite vertreten ist. Wie verhält man sich als Initiative mit dem Fokus auf Selbstorganisation solchen Bündnissen gegenüber?
So viel kann ich dazu gar nicht sagen. Dieses Bündnis wurde vom Oberbürgermeister, SPD, ins Leben gerufen. Es wurden gezielt einzelne Akteure dafür eingeladen. Es gab nie eine öffentliche Einladung oder ein öffentliches Treffen, sondern das findet immer hinter verschlossenen Türen statt. Und die Termine werden auch nicht öffentlich bekannt gegeben, wir erfahren die wenn dann unter der Hand. Initiativen wie unsere in den beiden Stadtteilen, und eine Reihe anderer Versuche der Mieter*innenorganisierung, wurden dazu nie eingeladen. Man könnte sagen, das ist auch eine unserer Forderungen: Dass natürlich die Mieter*innen beteiligt sein müssen, wenn man das schon „Bündnis für bezahlbares Wohnen“ nennt.
Gibt es sonst noch etwas, was dir wichtig ist, zu sagen?
Uns geht es stark darum, bei den Leuten etwas zu bewegen. Ansonsten würden wir uns stärker mit Forderungen an die Kommunalpolitik wenden. Aber ich denke, beim Organizing muss es für die Einzelnen eine Veränderung in ihrer Subjektivität geben. Und wenn man das schafft, dann lassen einzelne sich nicht da rauskaufen. Ich weiß nicht, ob wir an diesem Punkt sind. Es gibt auch immer wieder Situationen, wo man merkt, dass Personen das als ihre Bühne nutzen, oder dass Vorstellungen von kollektiver Zusammenarbeit clashen, dass manche sich autoritär aufführen. Ich glaube es ist keine Lösung, Leute rauszuschmeißen. Die Vorstellung ist, dass der Organizing-Prozess es schafft, subjektiv etwas zu verändern, und Vorstellungen von solidarischem Miteinander bei den Einzelnen zu verankern. Und die Praxis zeigt, dass Organizing da der viel bessere Weg ist, als ganz viele linksradikale Kampagnen. Wir haben das auch bei den Energiepreisdemos gesehen, wo in Leipzig auch von den Freien Sachsen und anderen rechtsextremen Kräften mobilisiert wurde; da ist es für manche Mieter*innen auch nicht klar, auf welche der Demos sie dann gehen würden. Oder auch das Müllthema ist etwas, was ganz schnell ethnisiert wird. Es ist also nicht alles Sonnenschein. Aber wenn alles gut wäre, dann wäre es auch kein Organizing.