Wir haben mit Peter aus Leipzig gesprochen. Er ist aktivistischer Teil und wissenschaftlicher Begleiter der Mietergemeinschaft Schönefelder Höfe. Er spricht nicht als Mieter, sondern als Aktivist, der die Initiative mit aufbaut. Welche Probleme die Mieter*innen mit der Vermieterin Vonovia haben und wie die Selbstorganisation auch gegen Widerstand gewachsen ist, lest ihr in unserem Interview. In diesem ersten Teil geht es um den Aufbau der Initiative. Den zweiten Teil findet ihr hier.
Hallo Peter, schön, dass wir miteinander sprechen. Kannst du erst einmal dich und auch die Initiative, für die du heute sprichst, vorstellen?
Peter: Ich bin Peter, ich lebe und wohne in Leipzig, arbeite in Jena an der Uni und mein Thema ist unter anderem Wohnungspolitik. Das heißt, ich spreche immer in einer Doppelrolle. Ich bin seit fast von Anfang an in der Mietergemeinschaft, die sich 2019 gegründet hat, und damals eher als aktivistisch Forschender dazugekommen. Also ich bin da sowohl Aktivist, aber begleite das auch wissenschaftlich als eine Art Langzeitethnographie. Die Mietergemeinschaft, wie wir es dann genannt haben, hat sich 2019 in einem nord-östlichen Stadtteil in Leipzig gegründet. Vor 1,5 oder 2 Jahren haben wir einen Ableger in einem weiteren östlichen Stadtteil gegründet. Wenn ich also von der Mietergemeinschaft spreche, sind es im Grunde genommen zwei Mietergemeinschaften, die in zwei verschiedenen Stadtteilen unterwegs sind. Wir beziehen uns als Konzept auf Transformative Community Organizing. Und wir machen das mit Mieter*innen von Vonovia.
Ihr seid ja besonders in Schönefeld und Anger-Crottendorf bzw. Reudnitz unterwegs. Jetzt mal als Kontext für nicht-Ortskundige, was sind das für Viertel bzw. auch Blocks, in denen ihr da aktiv seid?
Peter: Angefangen hat es 2019 im Stadtteil Schönefeld Abtnaundorf. Das ist insgesamt ein sehr großer Stadtteil. Es gibt diese Kategorie „mit besonderem Entwicklungsbedarf“, da fällt das rein. Da ist die Quote von Empfänger*innen von Sozialleistungen höher als im städtischen Durchschnitt, die Armutsquote ist höher, der Bildungsgrad ist niedriger, also ist das, was man als benachteiligt beschreiben könnte. Und wiederum in diesem großen Quartier gibt es einen kleineren Stadtteil, das sind die sogenannten Schönefelder Höfe. Das ist ein Bestand von 182 Häusern mit etwa 1600 Wohnungen, die ganz lange der ältesten Wohnungsgenossenschaft Leipzigs gehört haben, der Baugenossenschaft Leipzig, die schon Anfang des 20. Jahrhunderts gegründet wurde. Und die Wohnungen wurden so 1905-1920/25 errichtet. 2005 wurde das erstmals verkauft an Conwert, das ist ein österreichischer Investor der dann 2017 von Vonovia geschluckt wurde. Und damit ging das alles in den Bestand von Vonovia über.
Dieses Quartier ist relativ nah zur Innenstadt. Vielleicht haben auch nicht-Ortskundige schonmal von der Eisenbahnstraße gehört. Die wird von Boulevardmedien auch gerne mal als die gefährlichste Straße Deutschlands betitelt. Das ist eine Straße, wo der Migrationsanteil höher ist. Das ruft dann ganz schnell Stereotype und Ressentiments hervor. Jedenfalls liegt diese Eisenbahnstraße an der Eisenbahntrasse Richtung Dresden, und über diese Trasse drüber liegt dieses Quartier Schönefelder Höfe. Die Eisenbahntrasse ist quasi eine Wasserscheide. Dadurch ist es trotz der Nähe zur Innenstadt ein bisschen peripher. Das merkt man auch an wechselseitigen Abgrenzungen:
Die Eisenbahnstraße und das Quartier sind sehr studentisch geprägt, migrantisch geprägt, jung und hip und divers, und die gucken sozusagen mit gewissen Vorstellungen über diese Trasse hinüber Richtung Schönefelder Höfe und andersrum. Genauso schauen eben die älteren Mieter*innen, die schon lange in den Schönefelder Höfen leben, mit bestimmten Klischees auf die Eisenbahnstraße.
Und das zweite Quartier in Anger-Crottendorf ist ähnlich, hat aber nicht so einen geschlossenen Bestand wie in den Schönefelder Höfen, wo es um begrünte Innenhöfe geschlossene Blockrandbebauung gibt. In Anger-Crottendorf/Reudnitz gibt es ein paar Straßen, wo der Bestand geschlossen ist und der Vonovia gehört, aber ansonsten ist das ein bisschen verteilt. Und dort ist auch die Sozialstruktur ein bisschen anders. Wir haben den Eindruck, dass dort mehr Familien, mehr jüngere Leute leben, und möglicherweise auch das Durchschnittseinkommen ein bisschen größer ist, was auch wiederum für die Organisierung eine Rolle spielt. In Crottendorf/ Reudnitz ist es schwieriger, die Mieter*innen zu organisieren.
Jetzt hast du schon angefangen über Organisierung zu sprechen, hier würde mich natürlich interessieren, wie hat eure Organisierung begonnen, auch mit dem Blick darauf, was die Auslöser für die ersten Schritte in der Organisierung waren?
Peter: Ein bisschen muss ich jetzt vom Hörensagen erzählen, weil ich ganz am Anfang nicht dabei war. Die ersten Überlegungen waren Ende 2018, wo sich aus verschiedenen sozialen Bewegungen aus Leipzig Aktivist*innen zusammengefunden haben. Das waren Leute, die klimapolitisch aktiv sind, aus der Antifa/Antira Szene kamen, oder davor auch schon wohnungspolitisch aktiv waren. Die wollten dann zusammen Community bzw. transformatives Organizing machen. Und damals, das war wichtig, standen wir alle noch unter dem Eindruck der Bundestagswahl 2017.
Die Ergebnisse der Bundestagswahl waren in Sachsen vielleicht nochmal niederschmetternder. Es war eine starke Polarisierung, ein Rechtsruck, wie auch immer man das nennen will, damals schon zu spüren, und das war auch wichtig für diese Initiative. Diesen verschiedenen Aktivist*innen ist irgendwie klar geworden: Wenn wir gesellschaftliche Verhältnisse verändern wollen, können wir nicht einfach linksradikale Subkulturpolitik machen. Wir müssen an die sozialen Fragen, Themen ran. Und die Wohnungsfrage ist ein Thema, was in der Breite Leute bewegt, und woran sich politisch ganz viel zeigen lässt. Seien das Fragen von Eigentum, von Daseinsvorsorge, von Ausgrenzung, also da kommen ganz viele verschiedene Fragen zusammen.
Wir wussten schon, dass Vonovia im Quartier Schönefelder Höfe die Bestände übernommen hat. Und uns war bekannt, dass das kein einfacher Vermieter ist. Also haben wir uns entschieden, dahin zu gehen und Organizing zu machen. Das fing an, indem wir viele Treffen hatten, wo sich eine Kerngruppe aus 10-15 Leuten konstituiert hat, wo wir überlegt haben: Wie machen wir das? Und der erste Schritt war eine direkte Ansprache der Mieter*innen, was für viele linken sozialen Bewegungen auch eher ungewöhnlich ist. Da redet man normalerweise nicht mit Leuten, die nicht aus der eigenen Subkultur kommen, schon gar nicht über politische Sachen. Die Idee, an die Haustüren zu gehen, und mit anders politisch sozialisierten Leuten ins Gespräch zu gehen, war der erste Schritt, und das war mit viel Vorbereitung verbunden. Das wurde lange geübt, es wurden Leitfäden entwickelt und dann wurde versucht, viele dieser 1600 Wohnungen zu erreichen. Dann wurde zu einer Mieter*innenversammlung eingeladen. Und diese Mieter*innenversammlung gibt es seitdem regelmäßig, und darum herum haben sich dann noch andere Strukturen gegründet, also Arbeitsgruppen.
Es gibt immer wieder auch soziale Anlässe, die ganz wichtig sind, also Sommerfest, Winterfest, informelle Zusammenkünfte. Das sind jetzt 4 Jahre, da ist ganz viel passiert… Die Lockdowns waren sehr einschneidend, was uns teils zurückgeworfen hat, aber die Mietergemeinschaft hat das irgendwie überlebt, wenn sie auch da nicht gewachsen ist. Organizing zielt ja darauf ab, zu wachsen, weil das auf der Ebene der Struktur alle anspricht. Mieter*innen die bei der Vonovia wohnen haben die gleichen Probleme, um es mal pauschal zusagen, insofern gibt es da das Interesse, sich zu organisieren. Die Initiative hat sich auch in den Schönefelder Höfen weiterentwickelt, indem die Mieter*innen sehr viel stärker Aufgaben selbst übernehmen. Das ist ja der Traum vom Organizing, dass sich die Organizer*innen überflüssig machen, dass andere aktiviert werden und sich empowern, selbst für ihre Interessen einzutreten.
Jetzt gerade hast du gesagt, die Mieter*innen bei der Vonovia haben oft die gleichen Probleme. Was sind denn die Probleme und Erfahrungen in den betreffenden Vierteln, aufgrund derer Menschen angefangen haben, sich zu organisieren?
Peter: Ich glaube die sind nicht so anders als in anderen Städten. Das ist eben der größte Wohnungskonzern Deutschlands und mittlerweile auch Europas ist, der überall dieselben Mittel anwendet.
Das hat man auch auf den ersten Mieter*innenversammlungen gemerkt. Denn diese waren keine gewöhnlichen Plena, sondern da wurde sich Luft gemacht, indem wild durcheinandergerufen wurde, denn die Wut und Empörung war riesengroß. Das war super wichtig, dass es diesen Raum gibt, um diesen Frust mal loszuwerden. Als das also sortiert wurde, hat sich dann rausgestellt, es gibt vor allem drei große Probleme:
Das eine ist der Kontakt zum Vermieter. Das betrifft alle, die empört sind, die Zuständigen zu erreichen, dass niemand sich verantwortlich fühlt, dass man in den Telefonschleifen hängt, dass man zurückgewiesen wird, dass die Leute gar nichts vom Einzelfall wissen, weil das immer so automatisiert und entpersonalisiert läuft. Dass Vonovia die Bestände gekauft hat, ohne zu wissen, was sie da eigentlich kaufen. Das heißt, da kommen Unterlagen oder Abrechnungen für Sachen, die in den Wohnungen gar nicht vorhanden sind, weil die gar nicht wissen, was die Bestände sind. Kommunikation mit dem Vermieter ist also das erste große Problem.
Das zweite große Problem ist die Betriebskostenabrechnung oder Nebenkostenabrechnung in diesem Firmenkonstrukt mit den Tochterfirmen. Normalerweise werden ja Dienstleistungen an Externe vergeben, zum Beispiel die Hausreinigung o.ä., und Vonovia holt die aber ins Unternehmen rein, was als Insourcing beschrieben wird. Und damit verliert aber auch das Wirtschaftlichkeitsgebot an Wirkung. Das heißt die Tochterfirmen stellen dann der Hauptfirma Rechnung, aber das passiert alles innerhalb des Konzerns. Und weil es derselbe Konzern ist, gibt es natürlich keinen Anreiz, wirtschaftlich zu rechnen. Das heißt, dass da wahrscheinlich höhere Rechnungen ausgestellt werden, weil diese Rechnungen über die Betriebskostenabrechnung auf die Mieter*innen umgelegt werden. Und das hat sich dann so ausgewirkt, dass die Leistungen, die dort abgerechnet werden, gar nicht erbracht werden, was den Winterdienst betrifft oder den Grünschnitt und ähnliches. Das kann man dann in der Betriebskostenabrechnung nachvollziehen, wenn das Datum überhaupt angegeben wird; dann fällt das manchmal auf Feiertage, und das ist natürlich Quatsch. Welche Firma wird am 24.12. da irgendwelche Gartenarbeiten oder Dienstleistungen vornehmen? Und es gibt einfach unerklärbare Sprünge in der Abrechnung von Hausmeisterleistungen. Also zweites großes Problem sind die Betriebskostenabrechnungen.
Und das dritte Problem ist die Modernisierungsumlage. Die Bestände wurden alle in den 90ern saniert, es wurden damals auch Heizungsanlagen eingebaut, und nach 25 Jahren tun die einfach keinen Dienst mehr. Im Grunde genommen wäre eine Instandhaltung dran, aber Vonovia hat das als Modernisierung verkauft, was sie auch wieder auf die Mieter*innen umlegen können. Also das sind die großen drei Probleme, was sich dann auch in Anger-Crottendorf genauso gezeigt hat.
Danke für den strukturierten Abriss! Ganz zu Beginn hast du gesagt, dass es in den ersten Treffen ganz wichtig war, einen Raum zu schaffen, um sich abzukotzen, für „Wut und Empörung“. Man kann auf eurer Website verschiedene Aktivitäten finden, wie Mieter*innen in Austausch treten und sich gegen Vonovias Praktiken auflehnen. Kannst du nochmal erzählen, was sind eure Aktivitäten, auch mit Blick darauf, was die Ideen oder Strategien dahinter sind?
Peter: Wir hatten am Anfang nicht so ein konkretes Kampagnenziel. Wir sind auch keine Kampagne. Uns war damals wichtig zu sagen, wir sind keine linke Kampagne, die auf eine Demo oder Kundgebung hin mobilisiert, und danach sind alle wieder weg. Sondern wir sind da offen herangegangen. Natürlich haben wir Vorstellungen von Prinzipien des politischen Miteinanders, aber natürlich wollen und können wir nicht an Mieter*innen vorbei arbeiten. Sondern es geht genau darum, an deren Alltagsproblemen anzuknüpfen. Also sind wir nicht an die Haustüren gegangen, damit die hierfür unterschreiben oder dahin kommen.
Das erste waren die offenen Mieter*innenversammlungen, um herauszufinden: Was sind die Probleme und was sind mögliche Perspektiven, etwas dagegen zu tun, bzw. was sind Forderungen? Das waren zunächst ganz einfache Sachen wie z.B. dass die Betriebskostenabrechnungen transparent gestaltet werden und für normale Mieter*innen verständlich aufbereitet werden; dass klar wird, warum soll das jetzt hier eine Modernisierung und keine Instandhaltung sein?
Wir hatten uns ja im Frühjahr 2019 gegründet und haben dann ein Sommerfest gemacht, um auch einen lockeren Ort zu schaffen, um viele zu erreichen, und da hatten wir auch das erste Mal Kontakt mit Vonovia selber.
Im Pingpong von E-Mails und Briefkontakten kam es dann dazu, dass im Herbst 2019 eine Veranstaltung stattgefunden hat, wo Vonovia ausgewählte Mieter*innen angesprochen hat, um einen sogenannten Kiezspaziergang in den Schönefelder Höfen durchzuführen, so nach dem Motto: Wir gucken, wo brennt’s hier und wir lösen die Probleme, wir bieten eine gemeinsame Plattform und klären das. Das war ein sehr wichtiger Moment. Die hatten dann ein paar Mieter*innen dazu eingeladen, die in der Initiative sind, von denen sie wussten, dass die sich oft beschweren. Und wir haben dann alle möglichen Leute dazu mobilisiert. Das heißt, da waren dann nicht die fünf ausgesuchten Mieter*innen, sondern da standen dann auf einmal 50 Mieter*innen. Und Vonovia konnte dann nicht damit umgehen, und hat das dann irgendwie zugelassen. Das war ein starker, ein empowernder Moment. Die hatten nicht damit gerechnet und sahen total blass aus. Wir hatten große Plakate mit Forderungen und Kritik gemacht, uns vorher abgesprochen, wer was sagt, aber es war auch so, dass sich da diese Wut geäußert hat, und Vonovia ziemlich schlecht da stand.
Das war ein wichtiger Schritt, ein Meilenstein für die Beteiligten. Danach haben wir uns vor allem auf die Sache mit den Betriebskostenabrechnungen fokussiert. Und dort, in Zusammenhang mit dem Mieterverein Witten und dem bundesweiten VoNo!via-Bündnis, die schon länger Erfahrungen mit der Praxis von undurchsichtigen und fehlerhaften Betriebskostenabrechnungen sammeln, haben wir dann versucht, eine Art standardisierbares Verfahren zu entwickeln, wie man diesen Betriebskostenabrechnungen widersprechen kann. Für jeden Posten, der in der Betriebskostenabrechnung steht, muss ein Zahlungsnachweis, ein Leistungsverzeichnis und eine Kontobewegung ersichtlich sein, dass da tatsächlich auch was passiert ist. Die Kampagnenidee ist, dass die Nachzahlungen zurückgehalten werden, die jedes Jahr für das vorausgegangene Jahr berechnet werden, wenn die Betriebskostenabrechnung nicht hinreichend belegt ist. Und das versuchen wir seitdem unter den Mieter*innen zu verbreiten und sie dafür zu gewinnen. Das ist nicht einfach, weil viele Angst haben, aus ihrer Wohnung zu fliegen, und weil Vonovia auch ganz schnell dabei ist, mit Kündigungen zu drohen und Inkasso-Schreiben schickt. Aber im Grunde genommen glauben wir, dass das ein wichtiger Ansatzpunkt ist, um das Unternehmen zu treffen.
Darüber hinaus, das hat sich auch in diesen vier Jahren gezeigt: Die Mietergemeinschaft ist auch ein wichtiger sozialer Ort geworden. Diese Selbstbezeichnung Mietergemeinschaft ist auch von der Gesamtversammlung gewählt, und dieser Begriff Gemeinschaft ist den Beteiligten sehr wichtig gewesen. Das heißt, es ist auch immer wieder ein Ort, um sich auszutauschen, um zu schimpfen, aber auch um Strategien kennenzulernen, und wechselseitig zu hören: Was ist bei dir grad los, welche Post hast du bekommen, wie gehst du damit um – also so eine Art kollektive Beratung.
Es gibt immer noch nicht die eine konkrete Forderung, was auch daran liegt, dass es ein Dauerproblem ist.
Und noch etwas anderes haben wir gemacht: In den letzten Monaten haben wir ein Schwarzbuch „Wohnen bei Vonovia“ erarbeitet. Also eine Art Beschwerdesammlung, Anklageschrift von Mieter*innen, die da in kurzen Texten ihre Erfahrungen mit dem Unternehmen darstellen. Da haben wir 25 Erfahrungsberichte versammelt, die mit Einleitung und Fazit und einer Art Praxisteil versehen sind. Das machen wir gerade als Broschüre und das kommt demnächst raus und wird gedruckt, und da wird es dann auch Veranstaltungen zu geben. Die Idee ist es, dass das auch in Zukunft weiter gefüttert wird.
Das ist ja auch Ziel dieser Gesprächsreihe, Erfahrungen von verschiedenen Orten zusammenzubringen und auch einen strategischen Austausch zu haben. Und damit würde ich einfach mal überleiten, was waren bei euch Zwischenfazits darüber, was gut oder nicht so funktioniert hat, und darüber was wichtige Momente waren; auch mit Blick darauf, was du anderen wohnpolitischen Initiativen mitgeben würdest?
Peter: Was man nicht unterschätzen sollte, ist die Auseinandersetzung mit dem Vermieter selbst. Ich denke, es ist für Mieter*innen wichtig, ein konkretes Gegenüber zu haben, und auch für den Konflikt ist das wichtig. Der Vonovia-Chef Rolf Buch und der Firmensitz Bochum sind da weit weg. Es gibt immer eine Regionalgeschäftsführung, und es gibt Vonovia-Beschäftigte vor Ort, und da muss man natürlich den Spagat finden zwischen Personalisierung von Kritik, welche immer schwierig ist. Oftmals richtet sich die Wut dann gegen den einzelnen Objektbetreuer oder gegen die einzelne Subfirma. Das ist Quatsch. Wir versuchen in den Vordergrund zu stellen: Das hat System. Und die Beschäftigten sind auch Leidtragende dieses Systems Vonovia.
Nicht umsonst ist Vonovia ein enorm arbeitnehmerfeindlicher Arbeitgeber. Es gab ja auch von Ver.di Versuche, da gewerkschaftlich Fuß zu fassen, was nicht wirklich gelungen ist. Der Kontakt zum Vermieter und der offene Konflikt mit dem ist also ein Thema. Das ist nicht ganz einfach, weil natürlich sagen auch viele aus der aktivistischen Perspektive: Was soll man mit denen reden? Es ist erwartbar, was da kommt. Irgendwie stimmt das schon, aber für die Mieter*innen und für den Konflikt ist es wichtig, immer wieder den Kontakt zu suchen.
Von der Lokalpolitik hier werden die stark hofiert. Es gibt zum Beispiel ein sogenanntes Bündnis für bezahlbaren Wohnraum, das der Oberbürgermeister ins Leben gerufen hat, und da sitzt vor allem die Immobilienwirtschaft und dann noch der Mieterverein und ein stadtpolitisches Netzwerk, aber Mieter*innen selber bzw. deren Basisvertretung wird überhaupt nicht repräsentiert. Vonovia ist also auch für die Lokalpolitik ein wichtiger Akteur. Und da müssen wir, glaube ich, stark angreifen.
Aber das macht man natürlich nicht ohne die Mieter*innen. Primär geht es bei uns um den Aufbau von einer Initiative, die basisorientiert ist, wo alle ihren Ort finden und sich alle mit ihren verschiedenen Fähigkeiten, ihren Zeitressourcen etc. wiederfinden können.
Wir hatten uns auch erhofft, mit diesen quasi-standardisierten Einwänden gegen die Betriebskostenabrechnungen viele Mieter*innen mobilisieren und organisieren kann, dass damit Sachen erleichtert werden und wir so daran wachsen können.Das hat sich als nicht so einfach herausgestellt, weil es schwierig ist, das zu erklären. Die Fälle sind dann doch nicht ganz identisch, also es lässt sich nicht so einfach übertragen von Mieterin A auf Mieter B. Außerdem spielt Angst eine Rolle. Und es ist teilweise auch eine Frage davon, welches Narrativ man entwickelt, und wir sind da noch dran, eine griffige, motivierende, kurze Erzählung zu finden, die die Leute mitnimmt. Das sind noch so Herausforderungen.